
Stadt Jena legt dritten Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle vor
Die Stadt Jena hat heute den dritten Jahresbericht ihrer kommunalen Antidiskriminierungsstelle (ADS) für den Zeitraum Juli 2023 bis Dezember 2024 vorgelegt. Die seit Sommer 2021 bestehende unabhängige Einrichtung verzeichnete im Berichtszeitraum insgesamt 66 Kontaktaufnahmen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum.
In Betracht gezogen werden muss, dass der Berichtszeitraum im Vergleich zum letzten Bericht der Antidiskriminierungsstelle sechs Monate länger war. In der anderthalbfachen Zeit ließ sich mit einem absoluten Anstieg von 36 auf 66 Kontakten dennoch annähernd eine Verdopplung feststellen.
Von den 63 gemeldeten Vorfällen mit Bezug zur Stadt Jena musste in 35 Fällen eine Diskriminierung festgestellt werden. Besonders besorgniserregend: 22 dieser Fälle waren rassistisch motiviert und bezogen sich auf die Herkunft beziehungsweise Ethnie der Betroffenen. Auffällig ist dabei, dass die meisten Vorfälle (11) im öffentlichen Raum stattfanden – ein enormer Anstieg von 9% im vorherigen Berichtszentrum auf nun 31%.
Oberbürgermeister Thomas Nitzsche zeigt sich angesichts der Entwicklung besorgt: »Die Zahlen des aktuellen Berichts sind alarmierend. In einer weltoffenen Stadt wie Jena hat Diskriminierung keinen Platz. Besonders die Zunahme offen rassistischer Beleidigungen und körperlicher Übergriffe im öffentlichen Raum gegen Menschen mit Migrationshintergrund ist inakzeptabel. Das friedliche und respektvolle Miteinander, für das Jena bekannt ist, darf nicht durch Hass und Ausgrenzung gefährdet werden. Wir werden weiterhin entschieden gegen jede Form der Diskriminierung vorgehen.«
Der Bericht zeigt auch, dass die Meldungen insgesamt zunehmend eine polizei- oder ordnungsrechtliche Relevanz haben. So wurden in 11 Fällen schwere Beleidigungen, Bedrohungen oder gewaltsame Übergriffe festgestellt. Zudem wurden 37% aller Diskriminierungsfälle durch Dritte gemeldet – im Vorjahr waren es noch 22%.
Kathleen Lützkendorf, Dezernentin für Soziales, Gesundheit, Zuwanderung und Klima, betont: »Die steigende Zahl der Meldungen zeigt einerseits, dass unsere Antidiskriminierungsstelle als wichtige Anlaufstelle wahrgenommen wird. Andererseits sind die zunehmenden rassistischen Übergriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund ein ernstes Warnsignal, das mich persönlich tief betroffen macht. Jeder einzelne Fall von Diskriminierung ist einer zu viel – gerade in unserer Stadt, die von kultureller Vielfalt und Weltoffenheit geprägt ist. Ich bin dankbar für die Arbeit des Teams der Antidiskriminierungsstelle. Damit wird den Betroffenen eine Stimme gegeben und wertvolle Unterstützung geleistet.«
Zum Hintergrund:
Die Antidiskriminierungsstelle orientiert sich am Diskriminierungsbegriff des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und berät von Diskriminierung Betroffene bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten und ortsnahen Unterstützungsangeboten. Sie holt auf Wunsch Stellungnahmen ein und begleitet Gespräche zur Konfliktlösung.
Die Stadt Jena ist sich bewusst, dass die gemeldeten Fälle nur einen Bruchteil der tatsächlichen Diskriminierungsvorfälle darstellen. Als aktives Mitglied der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) setzt Jena mit der Antidiskriminierungsstelle, dem 10-Punkte-Aktionsplan gegen Rassismus, der Antirassismuskampagne #jenaschauhin und der Mitgliedschaft in der Initiative »Thüringen Weltoffen« klare Zeichen gegen Diskriminierung.
Der vollständige Jahresbericht wird nach dem Gremienlauf auf der Webseite der Antidiskriminierungsstelle abrufbar sein.