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10 Tage – 10 Länder. 18 Etappe: Srebrenica

25.08.2022

10 Tage 10 Länder.
Eine Reise durch das östliche Europa
18. Etappe: Massaker von Srebrenica

Das Massaker von Srebrenica gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Mehr als 8.000 Bosniaken, vor allem Männer und Jungen, wurden von der Armee der Republik Srpska unter der Führung von Ratko Mladić ermordet. Die unmittelbar in das Geschehen involvierten holländischen Blauhelm-Soldaten verhinderten die Morde nicht.

Heute besuchen wir das Srebrenica Memorial Center in Bosnien-Herzegowina. Dort begrüßt uns die Gedenkstättenmitarbeiterin Almasa Salihović. Sie erzählt uns von den Verbrechen der Armee der Republika Srspka in und um Srebrenica: Als die bosnisch-serbischen Truppen vom 6. bis 11. Juli 1995 in die Schutzzone der UNOPROFOR-Einheiten einmarschierten und Srebrenica besetzten, flohen rund 25.000 Bosniaken nach Potočari und suchten bei den Blauhelm-Soldaten Schutz. Insbesondere die jungen Männer fürchteten jedoch auch hier ihre Ermordung. Sie planten, gemeinsam mit den älteren und einigen Frauen und Kindern, ihre Flucht durch die Wälder Richtung Tuzla in bosniakisch kontrolliertes Gebiet. Der Zug mit geschätzt 10.000 bis 15.000 Flüchtenden setzte sich in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli in Bewegung. Lediglich ein Drittel gelangte in sicheres Terrain. Die Anderen wurden in Hinterhalten – bei denen die bosnisch-serbischen Einheiten sich teils als UN-Soldaten ausgaben – direkt erschossen oder gefangen genommen und anschließend ermordet.

In Potočari wurden die bosnischen Flüchtlinge in Bussen in evakuiert, wobei die bosnisch-serbischen Truppen die Männer – unter ihnen auch viele Jungen – selektierten und ebenfalls ermordeten. Die Verbrechen wurden anschließend systematisch vertuscht, indem die Leichen, mitunter in Einzelteilen, an verschiedenen Orten in Massegräbern verscharrt wurden. Bis heute werden die gefundenen Überreste anhand von DNA-Proben identifiziert und auf dem angrenzenden Friedhof bestattet. Die Angehörigen können oft nur einzelne Teile der Körper ihrer Familienmitglieder begraben. Werden neue Teile gefunden, werden die Gräber auf Wunsch wieder geöffnet. Viele Menschen werden bis heute vermisst. Zahlreiche Angehörige sind nach wie vor auf der Suche nach ihren Familienmitgliedern.

Almasa erzählt uns, dass in der Republik Srpska und in Serbien der Genozid bis heute weitgehend geleugnet wird, und welchen Schmerz diese Ignoranz für die Angehörigen und Mitarbeitenden der Gedenkstätte – die sich in mehrheitlich von Serben bewohntem Gebiet befindet – bedeutet. Besonders in den sozialen Medien verbreitete Falschinformationen bereiten ihr aktuell große Sorgen. Nicht ohne Grund wird das Areal auch ständig von Polizisten bewacht. Um Barrieren abzubauen und zugleich die Geschichte zu dokumentieren, sammelt Almasa mit ihren Kolleg:innen in einem Oral-History-Archiv Interviews von Zeug:innen und gibt ihnen die Gelegenheit, die Lebensläufe der ermordeten Familienmitglieder zu erzählen. Die Gedenkstätte ist auf der Suche nach Partnern und finanzieller Unterstützung, um ihre Arbeit fortzusetzen (https://srebrenicamemorial.org/en). Ein Zukunftszentrum in Jena kann sowohl wissenschaftlich unterstützen als auch von den gesammelten Quellen profitieren. Einer Kooperation steht man in Srebrenica offen gegenüber.

Unter dem Eindruck der Erzählungen Almasas erkunden wir anschließend das Areal mit seinen bemerkenswerten Ausstellungen, die unter anderem in den Hallen einer ehemaligen Batteriefabrik untergebracht sind. Auf dem Friedhof treffen wir ein Paar aus Deutschland und kommen kurz ins Gespräch. Sie stammt von hier, floh während des Massakers und sucht jetzt – 27 Jahre später – auf der Gedenkmauer nach dem Namen ihres ermordeten Bruders.

Text: Tobias Schwessinger
Fotos: Christian Faludi

Zum Hintergrund der Reise:
https://rathaus.jena.de/de/von-jena-aus-10-laender-10-tagen

 

Gedenktafel mit den Namen der Ermordeten auf dem Friedhof in Srebrenica
Gedenktafel mit den Namen der Ermordeten auf dem Friedhof in Srebrenica

 

In den Wäldern und Gräbern gefundene Schuhe der Flüchtenden
In den Wäldern und Gräbern gefundene Schuhe der Flüchtenden

 

otografie in der Gedenkstätte Srebrenica mit einer bosnischen Frau und eines Blauhelm-Soldaten
Fotografie in der Gedenkstätte Srebrenica mit einer bosnischen Frau und eines Blauhelm-Soldaten

 

Fotogalerie in der ehemaligen Fabrikhalle in Srebrenica
Fotogalerie in der ehemaligen Fabrikhalle in Srebrenica

 

Fotografie der Mütter der Ermordeten in der Gedenkstätte Srebrenica
Fotografie der Mütter der Ermordeten in der Gedenkstätte Srebrenica

 

Fotografie der Unterzeichnung des Vertrags von Rambouillet in der Gedenkstätte Srebrenica
Fotografie der Unterzeichnung des Vertrags von Rambouillet in der Gedenkstätte Srebrenica

 

Fotografie von verzweifelten Frauen und Kindern in der Gedenkstätte Srebrenica
Fotografie von verzweifelten Frauen und Kindern in der Gedenkstätte Srebrenica