Die City von morgen: koproduktiv und kreativ
Digitale Biergärten, Handmade-Shops in ehemaligen Gewächshäusern oder die Kita in der Scheune – die Ideen für kreative Innenstadtnutzungen sind vielfältig. Neue Konzepte für die City diskutierten am Montag rund 90 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland. Am Vortag des Bundeskongresses „Nationale Stadtentwicklung“ ging es unter dem Titel „Innenstädte von morgen – zwischen Neuerfindung und Comeback“ um aktuelle Visionen und innovative Pilotprojekte. Die wichtigste Erkenntnis: Die Lösungen aktueller innerstädtischer Herausforderungen sind ebenso vielfältig wie die Städte selbst. Laut den Veranstaltern, der Wirtschaftsförderung Jena (JenaWirtschaft) und „Die Zukunftsoptimisten UG“ gebe es keine „Blaupausen-Lösung.“
Wie Städte mit kreativen Konzepten Herausforderungen begegnen
„Was in Stadt A erfolgreich funktioniert, kann in Stadt B mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen ganz anders aussehen“, so Patrick Werner von JenaWirtschaft, der die Fachtagung mitorganisierte. Durch verändertes Konsumverhalten, Fachkräftemangel und Corona-Pandemie stünden Städte von klein bis groß vor der Herausforderung, ihre Zentren neu zu erfinden und fit für die Zukunft zu machen. „So komplex die Situationen auch sind, so vielfältig sind auch die Ansätze, diesen Herausforderungen zu begegnen“, sagte Katrin Hitziggrad von den „Zukunftsoptimisten“. In einem ersten Schritt müssen Potenzialflächen erkannt und Akteurinnen und Akteure aktiviert werden. Dialog und Beteiligung müssen dabei gut begleitet und moderiert werden. „Kreative Konzepte, die das Stadterlebnis und die Begegnung in den Mittelpunkt stellen, funktionieren in vielen Kommunen, wenn sie durch engagierte Menschen mit getragen werden“, so Immobilienwirtin Hitziggrad, die mit ihrem Büro „Die Zukunftsoptimisten“ Kommunen bei Veränderungsprozessen begleitet. Das neue Stichwort sei „Koproduktion“, also die Zusammenarbeit mehrerer Akteur:innen, um neue Ideen zu verwirklichen. Laut Hitziggrad gehören dazu sogenannte ‚dritte Orte‘ neben Wohnen und Arbeiten, die Innenstädte beleben, und die Aufenthaltsqualität für alle Bewohner:innen steigern.
Beispiel Homberg: Wohnraum im Stadtzentrum schaffen
Der Bürgermeister von Homberg (Efze) in Hessen, Dr. Nico Ritz, stellte vor Ort Möglichkeiten zur kommunalen Gestaltung vor. Nachdem der Bundeswehrstandort dort geschlossen wurde, veränderte sich das Konsumverhalten der Einwohnenden und der Leerstand wuchs. „Wir zielen darauf ab, Wohnraum im Inneren der Stadt zu schaffen und nicht neue Eigenheime auf der grünen Wiese zu bauen“, so Ritz. Dies führe perspektivisch zu höheren Folgekosten für Infrastruktur und Mobilität. Ebenso wichtig: „Die Kommune muss wieder zur Eigentümerin werden und Immobilien kaufen, die sie dann zielführend entwickelt.“ So sei in Homberg eine städtische Kita statt am Stadtrand in einer alten umgebauten Scheune in der Innenstadt eingerichtet worden. Dadurch entstünden in der „progressiven Provinz“ neue Laufwege, auch abseits vom reinen Einkaufen.
Öffentliche Orte für Dialog und Miteinander
Neue Ideen auszuprobieren, ist auch ein Ansatz in Jena. „Wir haben mit dem StadtLab Jena einen Experimentierraum in der Innenstadt geschaffen, wo kommerzielle und nicht-kommerzielle Nutzungen ausprobiert werden können“, sagte Bürgermeister Christian Gerlitz zur Podiumsdiskussion. „Wir brauchen öffentliche Orte, die ein Miteinander und einen Dialog ermöglichen, wie die neue Ernst-Abbe-Bücherei, aber auch die Kulturarena, das neue Eichplatz-Areal oder den Ernst-Abbe-Platz, der zukünftig auch klimagerecht gestaltet werden wird.“ Das Thema Klimaanpassung müsse bei allen Projekten der Innenstadtentwicklung mitgedacht werden, so Gerlitz.