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Richtigstellung zum Klimaprotest auf dem Heizkraftwerk Jena-Winzerla

31.03.2023

Durch die Berichterstattung zum Protest einiger Klimaaktivisten auf den Heiztürmen des Jenaer Kraftwerkes entstand der öffentliche Eindruck, die Versammlungsbehörde der Stadtverwaltung Jena habe das Handeln der Aktivisten "genehmigt" oder "geduldet" und die Protestform damit legitimiert. Diese Darstellung entspricht nicht den Tatsachen. Der folgende Artikel thematisiert die Komplexität des Versammlungsrechts, gerade im Hinblick auf eine sog. Grundrechtskollision und schafft somit Transparenz für das Verwaltungshandeln vor Ort.

Bereits mit Besteigen der Türme, spätestens aber mit Ausrollen des ersten Protest-Banners der fünf Klimaaktivisten mit der Aufschrift "Gas is over!" gegen 07:40 Uhr lag bereits eine Protestform vor, die im Rahmen der Grundrechte der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 GG sowie der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 GG die Definition und die Anforderungen an eine Kundgebung im versammlungsrechtlichen Sinn erfüllte. Diese Kundgebung war bei der Versammlungsbehörde, entgegen einer im Versammlungsgesetz verankerten Anzeigepflicht, nicht angezeigt. Sie war mithin auch nicht dem Kraftwerksbetreiber vorab bekannt gegeben worden. Eine Verhinderung der Aktion war somit bereits zum Zeitpunkt des Besteigens nicht möglich, da hierüber schlichtweg keine Kenntnis bestand.

Aus der Nichtanzeige einer Kundgebung resultiert im Umkehrschluss jedoch noch keine Rechtsgrundlage für ein Verbot oder eine unmittelbare Auflösung derselben. Dafür müssen  weitere Umstände, z.B. eine beginnende Unfriedlichkeit durch Gewalttaten hinzutreten, die vor Ort nicht vorlagen. Zweifelsohne behinderte die Protestform die Betriebsabläufe auf dem Firmengelände und es lag auch eine Grundrechtskollision mit Rechtsgütern Dritter vor. Das Kraftwerk befand sich aus betrieblichen Gründen jedoch ohnehin nicht in Betrieb, sodass keine Einschränkungen in der Wärmeversorgung der Jenaer Bürger bestand.

In Abstimmung aller Verantwortungsträger vor Ort, zu denen neben Polizei und Versammlungsbehörde auch der Hausrechtsinhaber gehörte, und nach Konsultation der Staatsanwaltschaft Gera hinsichtlich der vorliegenden Straftatbestände wurde die Kundgebung gegen 09:30 Uhr zeitlich bis 10:00 Uhr beschränkt. Diese Beschränkung stellte die zu diesem Zeitpunkt einzige versammlungsrechtlich zulässige Maßnahme dar. Da die Aktivisten ihren Protest zu diesem Zeitpunkt nicht beendeten, wurde die Kundgebung schließlich gegen 10:00 Uhr aufgelöst. Ab diesem Zeitpunkt bestand somit keine reguläre Versammlung mehr. Dennoch haben die Personen die Plattform nicht freiwillig verlassen und den Protest fortgeführt.

Ein anschließender Abwägungsprozess führte zu dem Ergebnis, dass ein zwangsweises Beenden den Aktion ein nicht kalkulierbares und damit nicht hinnehmbares Risiko für einzusetzende Polizeibeamte, aber auch für die Aktivisten selbst darstellen würde und daher nicht möglich ist. Die Entscheidung, die Aktivisten auf den Plattformen der Heiztürme zu belassen wurde vor Ort durch Polizei und Hausrechtsinhaber getroffen. Dieser Zustand hielt schließlich solange an, bis alle Aktivisten am Abend die Schornsteine freiwillig verlassen haben und im Anschluss erkennungsdienstlich behandelt wurden.
 

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