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Weiterentwicklung der Konzeption für ein Jenaer Kunsthaus

03.02.2022

Zwei Standorte werden von der Lenkungsgruppe empfohlen

Zur kommenden Sitzung des Stadtrates am 23.02.2022 wird Oberbürgermeister Thomas Nitzsche eine Beschlussvorlage der Stadtverwaltung vorlegen. In dieser sind die Zwischenergebnisse der eigens eingesetzten Lenkungsgruppe "Kunsthaus" zusammengefasst.

In insgesamt sieben Sitzungen wurde ein umfassender Kriterienkatalog erarbeitet und letztlich vier Standorte bewertet. Im Ergebnis erhielten die Standorte Generatorenhalle/Areal Straßenbahndepot sowie die Imaginata die höchsten Bewertungen. Die Lenkungsgruppe wird diese zwei Standorte für ein künftiges Jenaer Kunsthaus dem Stadtrat empfehlen.

Oberbürgermeister Dr. Thomas Nitzsche fasst den bisherigen Prozess zusammen:

Jena setzt mit der Lenkungsgruppe Kunsthaus den erfolgreichen Weg fort: aus Dissens entsteht durch ausführliche und zielstrebige Gespräche ein tragfähiger Kompromiss. Das über 100 Jahre bestehende Vorhaben, ein Kunsthaus in Jena zu verankern, hat nun eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung.

Gemeinsam werden wir alles daransetzen, ausstehende Fragen nach und nach zu lösen. Dies wird seine Zeit und reichhaltige Finanzmittel brauchen. Hier sind wir auf Unterstützung angewiesen, damit ein Kunsthaus auch die Erwartungen erfüllen kann. Für die bisher geleistete Arbeit, die reichhaltigen Ideen und die viele zur Verfügung gestellte Zeit möchte ich allen Beteiligten im Gremium danken. Besonders seien hier Moderator Jonas Zipf und Organisator Martin Fischer hervorgehoben.

Zum Hintergrund: Wer beteiligt sich an der Lenkungsgruppe "Kunsthaus"?

Das Gremium setzt sich aus 13 Personen zusammen. Diese kommen aus dem Stadtrat, der Friedrich-Schiller-Universität, der Kunst- und Architekturszene sowie der Verwaltung. Mitglieder politischer Ausschüsse wurden aus ihrer Mitte herausgewählt und in die Lenkungsgruppe entsandt, die externen Expert:innen und Vertreter:innen der Vereine angefragt sowie Mitarbeitende der Verwaltung in das Gremium bestellt. Die inhaltliche Leitung sowie die Moderation übernahmen JenaKultur-Leiter Jonas Zipf und Martin Fischer vom Zentralem Prozess- und Projektmanagement.

Die bisherige Arbeit der Lenkungsgruppe: Intensive Beratungen zu möglichen Standorten

In insgesamt sieben Sitzungen beleuchtete die Gruppe verschiedene Facetten der Standortdiskussion. In mitunter kontrovers, aber stets sachlich und respektvoll geführten Diskussionen näherten sich die Teilnehmenden in Workshops und Sessions dem Ziel eines abgestimmten Ergebnisses. Neben der besonders im Fokus stehenden Standortfrage wurde auch über Betreibung und Finanzierung eines Kunsthauses breit diskutiert.

In einer ersten Findungsphase wurden elf potenzielle Standorte benannt. Im Verlauf der Diskussion um diese Entwicklungsflächen zeigten sich zwei alternative Wege zu einem Kunsthaus: Einerseits das ikonografische Potential und die identifikatorische Strahlkraft eines Neubaus im Sinne eines ersehnten "Bilbao-Effekts" – andererseits das spezifische konzeptuelle Potential und die projizierte Nachhaltigkeit einer industriegeschichtlichen Umnutzung im Sinne eines machbaren betrieblichen Synergieeffekts; einerseits eine zwingende Ergebnisorientierung angesichts der an zentralen Standorten bestehenden Zeitschienen bei gleichzeitig kurz- und mittelfristig angespannter städtischer Haushaltslage – andererseits eine offene Prozessorientierung angesichts der an dezentralen Standorten möglichen Entwicklungsmöglichkeiten bei mittel- und langfristigen aus diesem Prozess entstehenden finanziellen Perspektiven.  Vier der ursprünglich elf Standorte wurden folglich einer intensiveren Überprüfung unterzogen.

Breit aufgestellter Kriterienkatalog ermöglicht neutrale Bewertung von Standorten

Im weiteren Verlauf der Diskussionen wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet, mit dessen Hilfe eine Bewertung von vier Standorten, welche sich als praktikabel erwiesen, vorgenommen wurde. Dies betraf:

  • die Generatorenhalle/Areal Straßenbahndepot,
  • das EichplatzAreal, Baufeld B,
  • die Imaginata und
  • den Parkplatz Engelplatz (Theatervorplatz).

Im Ergebnis erhielten die Standorte Generatorenhalle/Areal Straßenbahndepot – mit 83 von möglichen 100 Punkten – sowie die Imaginata (71 Punkte) die höchsten Bewertungen. Der Parkplatz Engelplatz folgt mit 69 Punkten und schlussendlich liegt der Eichplatz mit 63 Punkten auf dem vierten Platz.

Hervorzuheben ist, dass die Standorte Straßenbahndepot und Imaginata, an denen eine Umnutzung des industriegeschichtlichen Bestands zugunsten des Kunsthauses angedacht ist, deutlich vorteilhaft gegenüber den reinen Neubaustandorten bewertet wurden.

Voraussetzung für den erfolgreichen Betrieb eines Kunsthauses müssen mitgedacht werden

Für den erfolgreichen Betrieb eines Kunsthauses in Jena erscheinen aus Sicht der Lenkungsgruppe drei Dinge als unerlässlich: 

  • eine auf dem künstlerisch und wirtschaftlich eigenständigen Wert der vorhandenen Sammlung dauerhaft aufbauende und entsprechend ausreichende Ausstattung; 
  • eine betrieblich agile und wirtschaftlich belastbare Konstruktion; 
  • eine für Zuwendungen Dritter attraktive und vertrauenserweckende Zweckbindung. 

Unabhängig von der in der vorliegenden Beschlussvorlage abgeforderten pfadabhängigen Festlegung durch den Stadtrat, entweder für einen Neubau oder eine industriegeschichtliche Umnutzung empfiehlt die Lenkungsgruppe daher die Neugründung einer selbstständig rechtsfähigen Stiftung zum Zweck des Betriebs und Unterhalts eines Kunsthauses in Jena.

Stimmen zum Projekt

Bürgermeister Christian Gerlitz

Bürgermeister Christian Gerlitz betont die Impulse für die Stadtentwicklung:

Ein Kunsthaus würde zu einer weiteren, lang ersehnten Attraktivitätssteigerung des Wissenschafts- und Technologiestandortes Jena beitragen. Als Bürgermeister und Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt liegt mir die verträgliche Verknüpfung von Neuem und erhaltenswertem Bestand besonders am Herzen. Daher erachte ich die Verortung eines Kunsthauses in einem für Jena selbst geschichtsträchtigen Gebäude für die ideale Lösung.

Prof. Verena Krieger, Inhaberin des Lehrstuhls für Kunstgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität

Zum Projekt und der Arbeit der Lenkungsgruppe sagt Prof. Verena Krieger, Inhaberin des Lehrstuhls für Kunstgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität:

Lieber kein Kunsthaus als ein rein pragmatisches, provinzielles Projekt. Jena braucht keinen Bilbao-Effekt, aber eine ambitionierte und langfristig tragfähige Lösung, die seinem Charakter als Universitäts- und Industriestandort gerecht wird. Die Umnutzung eines Industriebaus kann dafür die ideale Lösung sein. Der Komplex Trafo-Station und Altes Straßenbahndepot hat nicht nur historischen Charme, sondern zudem den Vorteil einer fußläufig erreichbaren Lage am Rande der Innenstadt. Das bietet die Chance einer gefühlten wie faktischen Erweiterung des Zentrums – und das täte Jena gut.

Heidrun Schrade, Initiatorin des "Ein Kunsthaus für Jena e. V."

Heidrun Schrade, Initiatorin des "Ein Kunsthaus für Jena e. V.", ergänzt:

Die Diskussion um einen geeigneten Standort für ein Kunsthaus in Jena wurde mit großer Ernsthaftigkeit geführt und es konnte ein beachtenswerter Konsens gefunden werden. Als Vertreterin des Fördervereins "Ein KUNSTHAUS für JENA e. V." unterstütze ich den von der Mehrheit favorisierten Standort am Straßenbahndepot, da damit unser Ziel, mit einem Kunsthaus zur Belebung der Innenstadt beizutragen, weitgehende Rechnung getragen werden kann. Der Standort ist vielen Kunstfreunden schon als Ausstellungsort in guter Erinnerung. Eine Umnutzung des Gebäudekomplexes würde die Peripherie des Stadtzentrums stärken.

Architektin Prof. Jórunn Ragnarsdóttir

Die Architektin Prof. Jórunn Ragnarsdóttir schreibt über die Ergebnisse des Gremiums:

Ein Kunsthaus ist mehr als eine Hülle für Kunst. Mit großzügigen Freiraum und vielfältigem Angebot an die Bürger der Stadt (Betreiberkonzept) sollte ein Ort der Begegnung für ALLE angestrebt werden. Das Straßenbahndepot ist bereits im Gedächtnis der Stadt Jena verankert. Die Einmaligkeit des Ortes ist ein idealer Ausgangspunkt für starke Identifikation der Bürger. Die Stadt sollte zu ihren Besonderheiten stehen. Im Sinne der Nachhaltigkeit würde die Transformation eines bestehenden Bauwerkes ein positives Zeichen in die Welt senden. Der Umbau eines bestehenden Bauwerks lässt sich sehr gut kommunizieren, vor allem wenn es gelingt einen neuen Impuls im Quartier zu formulieren.