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Zukunftszentrum: Erzählcafé zu ROTASYM Pößneck

09.09.2022

Das Erzählcafé zu ROTASYM Pößneck und seine Liquidierung Anfang der 90er Jahre - Ein Bericht von Tilo Schieck

"Was für eine beeindruckende, emotionale Veranstaltung! Schnell hatte sich am Donnerstag, den 8. September, abends das kleine Foyer des Pößnecker Stadtmuseums gefüllt. Es bestand Redebedarf - zu lange wurde nicht über ROTASYM und seine Liquidierung durch die Treuhand und seinen Konkurrenten Kugelfischer gesprochen. Zettel lagen in den Händen der Besucher, auf denen sie sich aufgeschrieben hatten, was sie endlich einmal nicht nur unter alten Kolleginnen und Kollegen, sondern auch öffentlich zu Sprache bringen wollten.

ROTASYM, 1971 gegründet, war der führende Wälzlagerhersteller der DDR. Noch 1988 modernisiert und mit den technisch neuesten Maschinen ausgestattet, wurde ROTASYM 1991 durch die Treuhand für wenig Geld an seinen westdeutschen Konkurrenten FAG Kugelfischer verkauft, der kurz danach die Fabrik in Pößneck schloss und die Maschinen in seine westlichen Werke verbrachte. 1400 Menschen verloren ihre Arbeit.

ROTASYM war, neben der bis heute bestehenden Großdruckerei, nicht nur wichtigste Arbeitgeber der Stadt, er war auch Identitätssymbol und hat mit seinen Sozial- und Kultureinrichtungen die Region geprägt. Beeindruckend der Stolz der Anwesenden auf ihren Betrieb, auf die Qualität ihrer Arbeit, auf ihren Zusammenhalt und ihre Gemeinschaft dort. Umso größer ist die Wunde, die Pößneck mit der Schließung erlitten hat und die bis heute nicht vernarbt ist. Und traurig war zu hören, wie wenig die Arbeit der Beschäftigten, ihr Erfahrungen, ja damit ihr Leben im Rückblick wertgeschätzt, sondern bisher lieber schwarz-weiß ohne Zwischentöne auch in ihrem Fall über den „armen, grauen Osten“ erzählt wurde.

Eine kleine Gruppe um den Heimatforscher Karl Ernst hat in den letzten Jahren begonnen die Geschichte ROTASYMS zu erforschen und in den Pößnecker Heimatblättern zu beschreiben. Auf der Veranstaltung wurde der Wunsch geäußert, dass die Forschung fortgesetzt wird, es weitere öffentliche Veranstaltungen wie das Erzählcafé gibt, im Stadtraum besser an den Betrieb erinnert wird und auch eine Sonderausstellung zu diesem Thema entstehen sollte.

Alles Aufgaben und Themen, für die auch ein Zukunftszentrum in Jena stehen soll. Ich habe seitens der Bewerbungsgruppe die Jenaer Ideen dafür vorgestellt. Das Zukunftszentrum  als ein Raum zum Berichten, Erzählen, Zuhören, aus vielfältigen Sichtweisen, Herkünften, Perspektiven, untereinander wertschätzend, die Lebensleistung anerkennend. Deswegen ist Jena auf die Region zugegangen und Pößneck war von Anfang an bei dessen Bewerbung dabei. Und nach Jena nehme ich mit, wie wichtig es den Pößneckern ist, dass die Stimmen des Umlandes beim Zukunftszentrum zum Tragen kommen sollten.

Am Ende der Veranstaltung, die von Erik Studte moderiert wurde, stand das große Selbstbewusstsein der Anwesenden. Gut ausgebildet, fachlich kompetent, engagiert, auf ihre Herkunft stolz, haben viele in den folgenden Jahren ihren neuen Weg gefunden – in der städtischen Verwaltung und Politik, um ihre Stadt wieder voran zu bringen, und an vielfältigen Stellen in der Wirtschaft der Region. „Würdevoll in die Zukunft“ stand auf einen der Wunschzettel, die zum Schluss gesammelt wurden."

Erzählcafé in Pössneck im Foyer des Stadtmuseums
Erzählcafé in Pössneck im Foyer des Stadtmuseums
Zukunftswünsche wurden im Erzählcafé gesammelt
Zukunftswünsche wurden im Erzählcafé gesammelt
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